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Kapitel 5
Auf nach Norden

Erschrocken öffne ich die Augen als ich merke, dass ich wieder den gleichen Traum träume. Doch dieses Mal achte ich nicht darauf wie Liv oder der Greif, Jackson, bestialisch getötet werden. Mein Augenmerk liegt auf den Kreaturen, die ich nicht zuordnen kann. Heute kann ich sie schon ein wenig besser erkennen als das letzte Mal. Die sind riesig und laufen nicht auf zwei, sondern auf vier Beinen. Auch fällt mir auf, dass sie nicht alle gleich groß sind. Trotzdem bleiben mir diese Wesen ein Rätsel. Ich will mich weiter umsehen, doch der Traum verändert sie wie in der Nacht zuvor.
Zum zweiten Mal stehe ich in dieser kleinen Hütte und beobachte den Mann mit dem schwarzen Haar beim lesen. Langsam löse ich meinen Blick und beachte ihn auch nicht, als er aufsteht um den Dolch zu holen. Stattdessen sehe ich aus dem Fenster und kann in der Nähe eine Gruppe von Pferden ausmachen. Ich möchte näher zum Fenster gehen, kann mich aber nach wie vor nicht von der Stelle rühren. Glücklicherweise kommt die Herde näher, sodass ich die Rasse erkennen kann. Isländer. Mein Gefühl sagt mir, dass es wichtig ist, doch mein Kopf denkt das Gegenteil. Warum sollten Pferde auch wichtig sein?
Ich sehe wieder zu dem Mann und bekomme gerade noch mit, wie der den Dolch wirft.

Dieses Mal wachte ich auf, ohne das halbe Bett zerfetzt zu haben. Die neuen Kissen, sowie die Bettdecke war unversehrt geblieben.
Mein Traum geisterte mir weiterhin im Kopf herum. Auch dieses unbekannte Gefühl, welches ich gestern bereits gespürt hatte und was mich in Richtung Norden zog war wieder da. Doch heute war er irgendwie stärker. Und was hatten die Pferde in meinem Traum zu bedeuten? Was war an Islandpferden besonders?
Kopfschüttelnd stand ich auf und ging meiner Morgenroutine nach. Schließlich klopfte Jane an meiner Tür um mich zum gemeinsamen Frühstück mit den Anderen abzuholen.

So ging es mehrere Wochen weiter und jede Nacht hatte ich den gleichen Traum. Mittlerweile war ich mir sicher, dass dies eine Art Botschaft sein musste. Von wem auch immer. Denn jeden Tag, nachdem ich diesen Traum hatte, wurde der Drang, nach Norden aufzubrechen, größer. Meinen Freunden hatte ich noch nichts davon erzählt, da ich sie nicht beunruhigen wollte. Es war sicher halb so wild. Dennoch war meine Entscheidung getroffen. Ich würde allen von meinem Traum erzählen und dann nach Norden fliegen. Vielleicht würde mich auch jemand begleiten.
Alle saßen schon im Wohnzimmer und warteten auf das, was ich zu sagen hatte. Kurz räusperte ich mich und erzählte, was in meinem Traum passiert war und was ich vorhatte. Die Gesichter der Anwesenden schauten neugierig, über belustigt, bis hin zu schockiert.
>>Ich hatte den gleichen Traum<< sagte Naomi nach kurzem zögern. Leo nickte >>Ich auch.<< Das war interessant zu wissen. >>Kommt ihr dann mit mir nach Norden?<< fragte ich sie hoffnungsvoll. Ich konnte diesem Drang einfach nicht weiter standhalten. Leo blinzelte kurz und nickte dann langsam >>Ich muss. Es scheint mich dort hinzuziehen wie ein Sog.<< Die Königin der Phönixe schüttelte widerwillig den Kopf >>Ich für meinen Teil gehe nirgendwo hin. Wir haben wichtigere Probleme als diesen Traum. Die Füchse und Bären zum Beispiel<< sagte sie und funkelte uns an. Ich seufzte. Dann würden wir eben zu zweit aufbrechen. Das war ein Reisegefährte mehr, als ich mir erhofft hatte.

Da die Sonne bereits aufgegangen war, mussten wir, mal wieder, bis zum Abend warten, ehe wir losfliegen konnten. In der Zwischenzeit sprach ich alles wichtige mit meinen Drachen ab und Leo tat das Gleiche mit seinen Leuten.
>>Und vergesst nicht, dass Killian hier die Aufsicht hat, solange ich weg bin<< belehrte ich besonders Ryan noch einmal. Dieser verdrehte nur genervt die Augen, was ihm einen leichten Schlag gegen den Kopf von Liv einbrachte. Langsam glaubte ich, dass zwischen den beiden was lief. Ich würde mich wirklich freuen.
Nun würde es noch genau eine Stunde dauern, bis die Sonne untergehen würde. Diese Zeit sollte ich definitiv noch nutzen.
>>Lasst uns noch was machen, bevor wir gehen müssen<< sagte ich zu Liv, Isaac und den anderen Drachen. >>Was sollen wir denn noch machen?<< fragte Killian mich. Einen kurzen Moment lang überlegte ich, bis mir etwas Passendes einfiel. >>Wie wäre es mit Just Dance 4?<< fragte ich und die Mädels der Gruppe waren sofort Feuer und Flamme. Isaac, Ryan und Killian hingegen schienen weniger Lust darauf zu haben. >>Kommt schon<< versuchte Kate sie zu überreden und Jane fing an zu schmollen. Schließlich knickten die Drei ein und mir verzogen uns ins Wohnzimmer.
Liv startete die Wii und legte das Spiel ein. >>Welcher Song?<< fragte Chloe und nahm einen Controller. Wir übrigen Mädels nahmen die anderen Drei. Nur Kate passte in dieser Runde. >>Wie wäre es mit So what oder Super Bass?<< schlug Liv uns vor. Ich verzog das Gesicht. >>Lieber Disturbia<< entschied ich und startete den Song.

Eine halbe Stunde später war ich verschwitzt und beschloss noch einmal schnell zu duschen, bevor wir aufbrechen würden. Mit einem Lächeln und einer knappen Handbewegung verabschiedete ich mich erst einmal und ging nach oben. Als erstes müsste ich mir frische Kleidung holen, dachte ich und ging den verlassenen Flur entlang. >>Nikki?<< hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir und drehte mich um. Isaac stand hinter mir und sah mich mit einem gequälten Blick an.
>>Was ist los Isaac?<<
>>Ich möchte nicht, dass du gehst<<
>>Aber ich muss gehen. Irgendwas sagt mir, dass es wichtig ist<< Isaac seufzte traurig. Es schien mir, als wäre noch mehr an der Sache.
>>Das verstehe ich Nikki. Aber du und der Greifenkönig. Das gefällt mir einfach nicht<<
Spöttisch zog ich eine Augenbraue hoch. >>Bist du etwa eifersüchtig Isaac?<<
>>Nein das bin ich nicht. Ich traue ihm nur nicht<< Seine Miene war zu Stein geworden. Ich seufzte leise.
>>Ich verstehe das ja. Aber du weißt, dass ich das nicht machen würde, wenn es eine andere Möglichkeit gäbe<<
>>Dann werde ich mitkommen<<
Mein Gesichtsausdruck hätte in dem Moment nicht überraschter sein können. Warum wollte er mitkommen? Isaac hasste das Reisen.
>>Warum?<< fragte ich daher leise?
>>Das habe ich doch eben gesagt. Ich traue Leo einfach nicht<< lautete seine Antwort und ich seufzte.
>>In Ordnung. Pack deine Sachen. Wir fliegen in zwanzig Minuten los. Wenn du dann nicht da bist, kommst du nicht mit<< entschied ich und ging auf mein Zimmer, um mein eigenes Gepäck zu holen und eine schnelle Dusche zu nehmen.

Schließlich ging es endlich los und wir verwandelten uns. Isaacs grüne Schuppen standen im scharfen Kontrast zu meinen und Leos schwarzem Gefieder. Auf mein Zeichen flogen wir los und folgten dem Drang, der uns nach Norden führte. Wobei wie mir auffiel, dass es doch eher Nordwesten, statt Norden war. Naomi hatte sich immer noch konsequent geweigert mit uns zu kommen und ein paar dumme Sprüchen vom Stapel gelassen.
Wir flogen nun schon seid zwei oder drei Stunden schweigend und die Spannung zwischen meinen beiden Reisegefährten konnte man beinah greifen. Wir hatten nun das Mittelmeer überquert und ich wollte gerade etwas sagen, als ich ein Flugzeug hörte. ''Runter'' rief ich und setzte zum Sturzflug an.
Auf einer weiten Grasebene landeten wir und sahen uns um. In der Ferne konnte ich eine kleine Stadt erkennen und wir stellten uns an die Straße. Zum Glück hatte unsere Landung niemand bemerkt. Per Anhalter kamen wir zu dem Örtchen, welches wir gesehen hatten und fanden einen Autoverleih. Wie wir später herausfanden, waren wir in Italien. Zu unserem großen Glück, hatte der Autoverleih auch nachts auf und wir mieteten uns einen alten Ford Mustang, in den wir unser Gepäck luden. Den ganzen Flug über hatten wir es in den Krallen gehalten.
>>Ihr seid etwa drei Autostunden von Perugia entfernt<< antwortete der Mitarbeiter auf meine Frage hin und ich nickte. Dort würden wir hinfahren, in ein Hotel oder Motel einchecken und erst einmal ausschlafen.
Isaac erklärte sich bereit zu fahren und es ging los. Seid unserem Abflug hatten wir drei kaum ein Wort gewechselt. Doch irgendwann hielt ich es nicht mehr auf uns explodierte förmlich.
>>Also wirklich Jungs. Ich weiß, dass ihr euch nicht leiden könnt, doch was ihr hier macht ist echt kindisch. Ihr solltet dringend mal miteinander reden. Der Schlüssel zu einem friedlichen Miteinander heißt Kommunikation<< sagte ich und hörte mich dabei an, wie eine zweitklassige Psychologin oder Streitschlichterin.
Leo schnaubte nur angewidert und Isaac verdrehte genervt die Augen. >>Na dann eben nicht<< sagte ich motzig und lehnte mich auf dem Rücksitz zurück.
Nach drei Stunden hatten wir die Stadt erreicht. Die Sonne ging gerade auf und gab der Welt einen besonderen Glanz.
In einem billigen Motel ließen wir uns nieder und bezogen unsere Zimmer. Todmüde fiel ich in mein nur mäßig bequemes Bett und schlief schon gleich ein.

Am frühen Nachmittag wachte ich auf und zog mich an. Die Jungs warteten schon auf mich, denn wir wollten etwas unternehmen, wenn wir schon mal hier waren.
Wir besuchten den Palazzo dei Priori und sahen uns den etruskischer Bogen an. Perugia war eine malerische Stadt und gar kein Vergleich zu Kairo.
Am Abend kehrten wir in eine Pizzeria ein, um etwas in den Magen zu kriegen. >>Eine Pizza Margherita bitte<< bestellte ich auf italienisch und der Kellner nickte, bevor er verschwand. Dann sah ich zu Leo und Isaac. Es war ein Wunder, dass die beiden sich heute noch kein einziges Mal gestritten hatten und sogar freundlich zueinander gewesen waren. Vielleicht hatte meine Ansprache doch etwas bewirkt. Lächelnd sah ich den beiden zu, wie sie über die beste Strategie für den Sieg über die Füchse und Bären diskutierten.
Schließlich wurden sie unterbrochen, als die Pizzen kamen und wir zu essen begannen. Natürlich trank ich von dem guten italienischen Wein und seufzte genüsslich. >>Es ist schön hier<< sagte ich und beide Stimmten mir missmutig zu. Immer wieder musste ich mir ins Gedächtnis rufen, dass wir nicht zum Spaß hier waren, sondern nur einen kleinen Zwischenstopp bis zum Einbruch der Dunkelheit einlegten.
Später saßen wir wieder in unserem Leihwagen und brachten das Auto zurück. Ich schmollte ein wenig, als wir Perugia verließen, war allerdings schon auf das Ende unserer Reise gespannt. Wahrscheinlich würden wir noch ein oder zwei Zwischenstopps einlegen müssen, ehe wir an unserem Ziel ankämen. Wo auch immer das sein mochte.
Nachdem der Wagen wieder beim Verleih war, machten wir uns wieder auf den Weg zu dem großen Feld, auf dem wir gelandet waren. Von dort aus würden wir auch wieder starten.
Kurz nach Einbruch der Dunkelheit setzten wir unsere Reise fort und ließen uns vom Wind über die Wolken tragen. Das Gefühl wurde von Meile zu Meile immer ein bisschen stärker.
Insgeheim war ich etwas froh, dass wir nun nicht mehr in diesem beengten Auto saßen und das ich meine Flügel ein weiteres Mal strecken konnte. Es tat einfach gut. Dieses Gefühl konnte man nicht beschreiben. Entweder man kannte es, oder halt nicht.
Ich dachte noch ein letztes Mal an die schönen Stunden hier in Perugia zurück und musste ein amüsiertes knurren unterdrücken. Den ganzen Tag lang hatten Leo und Isaac, wenn sie glaubten, dass der andere gerade nicht in der Nähe war, Andeutungen gemacht und versteckt mit mir geflirtet. Das kam mir etwas komisch vor, doch ich beschloss nicht mehr weiter darüber nachzudenken.

Der Rest der Nacht verlief wieder relativ ereignislos. Abgesehen von dem ein oder anderen Flugzeug dem wir auswichen passierte nichts. Ich spürte, dass wir fast am Ziel unserer Reise angekommen waren, als die Sonne aufzugehen drohte. Die Zeit spielte gegen uns, dachte ich und spuckte missmutig einen kleinen Feuerball, welcher aber schon in der Luft wieder verglühte.
Wir befanden uns über der Nordsee und da es tagsüber zu riskant gewesen wäre weiterzufliegen, beschlossen wir wir den Rest des Tages zum nicht weit entfernten Festland zu fliegen und drehten ab. Des dauerte allerdings noch gute zwei Stunden, bis wir bei der Küste Schottlands ankamen.
Zum Glück war weit und breit keine Menschenseele zu sehen und wir konnten ohne einen Zwischenfall landen.
Isaac erklärte sich bereit ein paar Stöcke oder getrocknetes Gras sammeln zu gehen, um ein Lagerfeuer zu machen. Wir hatten alle Hunger und wollten das Fleisch grillen, welches wir aus Perugia mitgenommen hatten. Während Isaac seine Aufgabe erfüllte, setzte Leo sich neben mich.
>>Meinst du es ist noch weit?<< fragte ich und er schüttelte den Kopf.
>>Nein. Ich glaube, dass wir nah dran sind. Das Gefühl wird immer stärker. Es ist sicher nicht mehr weit. Die Frage ist eher: Was werden wir vorfinden?<< Ich sah ihn an und unsere Blicke trafen sich. Plötzlich begann mein Bauch zu kribbeln und ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. In der Luft lag Spannung, als auch er zu lächeln begann. >>Nikki...<< flüsterte er und beugte sich zu mir herunter. Würde er mich etwa küssen? Ich wurde noch nie geküsst. Auch, wenn ich mehrere Jahrhunderte alt war.
Ich schloss erwartungsvoll die Augen, als ich plötzlich die Stimme meines besten Freundes hörte >>Wenn ihr da fertig seid, könnt ihr mir ja mit dem Feuer helfen<<
Ich zuckte sichtbar die Augen und traute mich nicht Isaac anzusehen. Er klang so… verletzt. Dabei war doch gar nichts passiert. Irgendwann traute ich mich wieder ihn anzusehen, doch er wich meinen Blicken aus.
>>Lasst uns grillen<< sagte Leo, welcher, wie immer, gut gelaunt war. Ich hingegen unterdrückte ein Seufzen. Wir zündeten das Gras und die Äste an die Isaac mitgebracht hatte und hielten das Fleisch, aufgespießt auf einem Stock, übers Feuer. Es sollte nicht garen, sondern nur schön warm gemacht werden. Im Gegensatz zu Menschen, konnten wir rohes Fleisch problemlos zu uns nehmen.
Den Tag verbrachten wir an den Klippen, auf denen wir gelandet waren. Abgesehen von ein paar Seevögeln und ein paar Schiffen am Horizont sahen wir niemanden.

Es dämmerte und wir wollten uns gerade verwandeln um loszufliegen, als ich plötzlich Schritte im Gras hörte. >>Hört ihr das auch?<< fragte ich die anderen verwirrt und sah mich um. Die untergehende Sonne blendete mich ein wenig und so war es schwer jemand anderen auszumachen. Gerade wollte ich mit den Schultern zucken und mich wieder zu den Jungs begeben, als ein Kampfschrei ertönte und wir angegriffen wurden.
Gerade noch stand ich, doch im nächsten Moment wurde ich von einem dunkelbraunen Bären, groß wie ein Lastwagen, von den Füßen gerissen. Meinen Reisebegleitern ging es mit Sicherheit nicht anders. Ich sah die gigantischen Pranken auf mich hinuntersausen und rollte mich noch gerade im richtigen Augenblick zur Seite hin weg. Wut packte mich. Ja, wir waren in das Gebiet der Bären eingedrungen und ja, wir standen mit diesem Volk momentan auf dem Kriegsfuß, doch musste das wirklich sein? Bevor der Bär ein weiteres Mal mit seiner Pranke nach mir ausholen und mich möglicherweise treffen könnte, sprang ich auf. Hinter mir hörte ich Isaac schmerzvoll aufstöhnen und roch im selben Moment Blut. Blitzschnell verwandelte ich mich und war nun um mehr als das Doppelte größer als der Bär vor mir. Dieser schien nun wohl etwas eingeschüchtert zu sein und trat ein paar schritte zurück, doch ich ließ ihn nicht entkommen. Mit meine beiden vorderen Pranken riss ich ihn von der Erde, sodass er mehrere Meter weit flog. Im Allgemeinen waren wir Drachen die stärksten der fünf Völker, doch Masse siegte immer über Kraft. So war es leider schon immer gewesen.
Der dunkelbraune Bär lag bewusstlos am Boden, als schon ein etwas kleinerer, schwarzer auf mich zugelaufen kam. Er verbiss sich in meinem Vorderbein und ich keuchte auf. Meine Schuppen hielten zwar viel ab, doch es tat trotzdem ziemlich weh.
Ich riskierte einen kurzen Blick nach hinten zu Isaac und Leo, welche sich nun ebenfalls verwandelt hatten und wurde prompt wieder von dem schwarzen Bären attackiert. Ich knurrte und biss in die Schulter des Bären, welcher verzweifelt versuchte sich loszureißen.
Gerade wollte ich dem ein Ende setzen, als noch mehr Bären kamen und mich von allen Seiten angriffen. Meine Flügel hielten sie fest, sodass ich nicht mehr wegfliegen konnte. Mehrere Bären rissen mich seitlich zu Boden und griffen meinen ungepanzerten Bauch an.
Ich dachte schon, dass wir diesen Kampf verlieren würden, als plötzlich ein blaues Feuer vom Himmel schoss und einen der Bären von mir wegriss. Durch das nun fehlende Gewicht konnte ich mich aufrappeln und schüttelte die restlichen Bären ab, ohne auf den Schmerz zu achten.
Schnell sprang ich zu Leo und half ihm mit drei großen Gegnern fertig zu werden. Trotz der Hilfe, die wir bekommen hatten, waren es dennoch zu viele und mir fiel nur noch eine einzige Verteidigung ein. >>Aus dem Weg. Hinter mich<< zischte ich die anderen an und stellte mich den Bären entgegen, ehe ich mein Maul öffnete und anfing Feuer zu speien.
Die Bären taumelten teils erschrocken und teils vor Schmerz zurück. Das war unsere Chance. Ich schlug heftig mit den Flügeln und die anderen taten es mir nach. Als wir wieder über den Wolken waren drehte ich meinen Kopf, sodass ich den blauen Phönix ansehen konnte.
>>Danke. Ohne dich hätten wir es vielleicht nicht geschafft, Naomi<< sagte ich und sie quittierte es mit einem nicken. Wir flogen weiter und ich konnte in der Ferne bereits weiteres Festland ausmachen. Island.
>>Wir sind beinah da<< sagte ich zu den anderen, da das Gefühl nun so stark war wie noch nie. Wer oder was immer wir suchten musste auf dieser Insel sein. Doch das war nicht der einzige Grund meiner Freude auf die Landung. Wir alle waren verletzt und brauchten dringend eine Pause.
Nach einer weiteren Stunde landeten wir endlich auf einer weiten Fläche. Der Wind wehte mir mein langes Haar ins Gesicht als ich mich zurückverwandelte. Entkräftet setzte ich mich erst einmal hin um zu verschnaufen. Wir alle hatten Wunden vom Kampf davongetragen, doch Isaac hatte es bei weitem am schlimmsten getroffen. Auf seinem Bauch waren tiefe Kratzspuren, seine Schulter bestand nur noch aus Geweberesten und purem Knochen.
>>Das sieht nicht gut aus<< sagte ich und rückte näher zu ihm. Wir heilten war um ein vielfaches schneller als Menschen, aber dennoch würde die Heilung ein paar tage bis Wochen in Anspruch nehmen.
Während wir unsere wohlverdiente Rast genossen, sah ich mich ein wenig um. In der Ferne stand ein kleines Häuschen. Sonst nur Gras, Berge und vereinzelt eine Gruppe von Pferden. Moment, Pferde? In meinem Traum kamen doch Pferde vor. Ich musste lächeln. Islandpferde. Das hätte schon ein Tipp sein müssen. Warum war ich nicht früher darauf gekommen? Ich schüttelte belustigt den Kopf.

Am nächsten Morgen beschlossen wir unsere Reise fortzusetzen und zu dem kleinen Haus zu gehen, welches ich erspäht hatte. Wir musste allerdings zu Fuß gehen, da wir uns jetzt nicht verwandeln konnten und ebenso wenig ein Auto dabei hatten. Schade eigentlich. Aber daran war nicht zu machen. Wir liefen weiter und weiter in die Richtung und die Sonne stand bereits im Zenit als wir schließlich ankamen.
Um das Haus herum stand das ein oder andere der Pferde, welche aber vor uns wegliefen, sobald wir uns ihnen auf weniger als zehn Metern näherten.
Ich trat zum Fenster und riss überrascht die Augen auf. Es bot sich das gleiche Bild wie in meinem Traum. Ein Mann man rabenschwarzem Haar saß in einem Sessel und las ein Buch.
Ich machte den Platz frei, damit die anderen sich ebenfalls ein Bild von der Situation machen konnten. Überrascht musste ich feststellen, dass das selbe Gefühl, welches uns hier her geführt hatte, mir nun sagte, dass das die Sache war, die wir gesucht hatten. Oder eher die Person.
>>Was sollen wir jetzt machen?<< fragte ich die anderen als der Mann plötzlich aufstand. Schnell sprangen wir vom Fenster weg.
>>Reingehen?<< schlug Naomi vor und ich nickte. Ohne zu klopfen stürmte ich ungern in ein mir fremdes Haus, doch Isaac ging es immer schlechter. Also trat ich einen Schritt vor und öffnete die Eingangstür um einzutreten.