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Kapitel 4
Von Freund und Feind

Wir flogen zusammen mit den Greifen und Phönixen über den Wolken. Vor der Höhle hatten wir ausgemacht, dass Naomi und Leo erst einmal mit ein paar Kämpfern zu uns nach Afrika kommen sollten. Ich selbst würde auch noch ein paar meiner Drachen nach Kairo in unsere Villa holen.
Nach stundenlangem Flug setzte Cole zum Landeanflug an und Dakota flog in Richtung Nordamerika. Der Prinz und die Prinzessin hatten die Aufgabe, die Kämpfer auszuwählen und herzubringen.
Wieder ein paar Stunden später gab ich das Zeichen und wir ließen uns gemeinsam für einen Sturzflug fallen. Es tat gut die Flügel zu strecken, ohne Angst zu haben, dass uns etwas passieren könnte.
Die Nacht war hereingebrochen und wir landeten lautlos vor der Villa, wo wir uns sofort zurückverwandelten. Mein erster Gedanke galt Jane. Wie ging es ihr? Glücklicherweise könnte ich es gleich in Erfahrung bringen.
Wir betraten die Villa und wurden von Ryan begrüßt, der Naomi und Leo neugierig musterte. Er konnte ja nicht wissen, was passiert war. Ich bat ihn, die Anderen zu holen und ging ins Wohnzimmer. Zu meinem großen Erstaunen fand ich Isaac und Jane dort vor. Kurzerhand ging ich zu ihr und umarmte sie. Es freute mich tierisch, dass es ihr besser ging. Für einen kurzen Moment schien der Stein, der seid dem Treffen auf meiner Brust zu liegen schien, verschwunden zu sein. Doch schnell holte die Realität mich wieder ein.
In diesem Moment kam Ryan wieder und hatte Liv und Kate im Schlepptau. Nun sahen mich alle, die nicht bei der Versammlung gewesen waren, neugierig an. >>Setzt euch<< sagte ich gleichermaßen zu den Bewohnern und Gästen. Kurz erzählte ich was vorgefallen war und weshalb uns die Anderen die Krieg erklärt haben.
>>Das kann doch nicht wahr sein<< donnerte Isaac wütend. Wie wir alle konnte er das Verhalten der Bären und Füchse nicht verstehen. Ich zuckte bloß mit den Schultern. Liv, die während meiner Erklärung wieder gegangen war, um nachzusehen ob die Kämpfer der anderen beiden Völker schon da waren, kam zurück. >>Die Phönixe werden gleich eintreffen<< sagte sie und wir liefen zur Tür.
Just in diesem Moment brachen geschätzt sechs hell leuchtende Flammenvögel aus der Wolkendecke.
Sie flogen in einer V-Formation. An der Spitze konnte ich den roten Flammenkörper von Cole ausmachen. Hinter ihm die fünf Anderen. Sie setzten zum Sturzflug an und landeten vor uns. Cole verwandelte sich zurück und die restlichen fünf taten es ihm gleich. Naomi trat vor und stellte ihre Kämpfer vor. >>Selena<< sagte sie und deutete auf eine kleine Frau mit kurzem blonden Haar, grünen Augen und gebräunter Haut. >>Ashlyn<< stellte sie die nächste Frau vor. Ashlyn hatte rotes, lockiges Haar, was ihr bis zur Mitte ihres Rücken fiel. Ihre grünen Augen sahen mich mit einer Mischung aus Belustigung, Erst und Misstrauen an. >>Eva, unsere Heerführerin<< machte die Phönixkönigin weiter. Evas Haar war so dunkelbraun, dass es fast schwarz wirkte. Die eine Seite war lang, die Andere zu einem Sidecut geschnitten. Ihre Augen strahlten in einem hellen eisblau. Nun stellte Naomi die beiden Männer vor >>Dean und Barnabas.<< Deans Haar war blond und kurz. Die Augen hatten die Farbe von Mahagoni. Barnabas hingegen hatte hellgraue Augen und braunes Haar.
Ich begrüßte die Phönixkämpfer herzlich und bat Kate ihnen ihre Zimmer zu zeigen, was sie auch ohne Umschweife machte. Leo, der vorhin kurz verschwunden war, kam zurück. >>Meine Leute werden es wohl erst morgen schaffen. Es wird schließlich bald hell<< sagte er zu mir und ich nickte verständnisvoll.
Da alle von dem langen Flug sehr müde zu sein schienen oder sich schlichtweg langweilten, beschlossen wir einen Großteil des Tagen in unseren Zimmern zu verschlafen. Vorher gab ich Isaac allerdings noch den Auftrag, ein paar unserer Kämpfer zu kontaktieren und hier her zu lotsen.
Ich gähnte und lief wie in Trance in mein Badezimmer, wo ich mich umzog und mir die Zähne putzte. Nachdem dies geschehen war, ging ich in mein Schlafzimmer und ließ mich auf das riesige Himmelbett fallen. Es dauerte nicht lange und ich war ins Reich der Träume hinübergeglitten.

Es ist laut. Überall um mich herum sehe ich meine Freunde. Sie töten und werden getötet. Ein lautes Kreischen links von mir erweckt meine Aufmerksamkeit. Wie in Zeitlupe drehe ich mich um und sehe, wie ein grauer Fuchs sich im Flügel eines großen, rotbraunen Greifen verbeißt. Andere Füchse kommen hinzu und gemeinsam reißen sie dem Kämpfer die Kehle auf. Er fällt tot zu Boden, verwandelt sich aber dennoch zurück. Ich sehe in sein Gesicht, doch es kommt mir nicht bekannt vor. Die grünen Augen sehen starr gen Himmel und das Gesicht ist schmerzverzerrt. Aus seiner Kehle tropft weiterhin hellrotes Blut auf das Gras. Wo bin ich hier? Ich kenne den Ort nicht. Rechts von mir kann ich den Körper von Liv ausmachen. Ihre Schuppen glänzen im Licht der untergehenden Sonne. Mehrere Bären kommen auf sie zu, doch Liv ist zu sehr auf die Füchse vor ihr konzentriert. Ich versuche sie zu warnen, doch ich bekomme keinen Ton aus meinem Mund. Es ist, als habe man mir die Stimme genommen. Die Bären stürzen sich, gemeinsam mit den Füchsen, auf meine Freundin und ihr entweicht noch ein überraschtes Knurren, ehe auch ihr die Kehle aufgerissen wird und sie sich auf dem kalten Boden wieder in einen Menschen verwandelt. Ich will zu ihr laufen, doch ich kann mich nicht von der Stelle rühren. Plötzlich rennt etwas Großes an mir vorbei und stürzt sich auf einen der Bären, der im nächsten Moment auch schon zerstückelt daliegt. Ich kann nicht genau erkennen, was es ist, doch es scheint auf unserer Seite zu sein. Den Körper sehe ich nur verschwommen. Mehr als hauchfeine Umrisse kann ich nicht ausmachen. Was ist das für ein Wesen? Fast so groß wie ein Drache, aber flink wie eine Katze. Als nächstes verschwimmt die Graslandschaft im Hintergrund und ich kann für einen Moment nichts mehr sehen.
Dann verändert sich die Landschaft. Ich stehe in einer kleinen Hütte mit altem Holzboden und abgewetzten Möbeln. Vor mir steht ein Mann. Er hat den Rücken zu mir gedreht und hält ein Buch in der Hand. Ich kann nicht lesen was darin steht. Es scheint eine Mischung aus Runen und Hieroglyphen zu sein. Der Mann allerdings scheint keine Probleme zu haben, diese Zeichen zu entschlüsseln. Er murmelt unverständliche Worte vor sich hin fährt sich gelegentlich durch sein rabenschwarzes Haar. Plötzlich steht er auf und geht nah an mir vorbei, jedoch ohne mich zu bemerken. Aus einer Schublade einer alten Kommode holt er einen stark verzierten Dolch. Die Klinge scheint aus reinem Silber zu bestehen und eingravierte Rosenranken geben ihr einen leicht femininen Hauch. Der Griff ist mit Platin und Weißgold versehen und am unteren Ende kann ich eine Art Wappen erkennen. Es scheint eine Raubkatze, vielleicht ein Löwe oder Tiger, zu sein, welche von Rosenranken gehalten wird. Sie schlängeln sich um den Körper des Tieres, als wollten sie es vor allen Gefahren dieser Welt schützen. Der Mann setzt den Dolch an sein Handgelenk an und schneidet sich die Pulsader auf. Blut, welches die Farbe von flüssigem Gold hat, quillt heraus. Warum tut er das? Er dreht sich zu mir um, scheint aber durch mich hindurch zu sehen, als ob ich nicht da wäre. Dann nimmt der Mann den Dolch bei der Klinge und wirft ihn genau in meine Richtung. Ich schreie.

Schweißgebadet und zitternd wachte ich am Nachmittag auf. Mein Herz schlug wie die Hufe eines flüchtenden Pferdes. Ein Traum, nur ein Traum, versuchte ich mich selbst zu beruhigen. Dennoch ging mein Atem weiterhin schnell und im Spiegel, der gegenüber von meinem Bett hin, konnte ich sehen, dass ich kreidebleich war. Meine Augen waren weit aufgerissen und ich musste seufzend feststellen, dass in meinem ganzen Bett die Federn meiner Kissen verteilt waren. Im Schlaf hatte ich wohl unbewusst meine Hände zu Krallen werden lassen und die Kissen regelrecht zerfetzt. Doch warum hatte ich diesen Albtraum? Der Teil mit dem Kampf könnte auf den erklärten Krieg hindeuten, doch wer war dieser Mann und warum träumte ich von ihm, einem völlig Unbekannten? Fragen über Fragen, doch ich konnte keine Antworten finden. Plötzlich erwachte ein Gefühl in mir, dass ich nicht zuordnen konnte. Es schien mich von der Villa weg zu lotsen in Richtung Norden. Auch dies verstand ich nicht. Verwirrt schüttelte ich mich und vertrieb die Gedanken aus meinem Kopf. Ich hatte wichtigeres zu tun, als mir über einen Traum nachzudenken. Langsam beruhigte sich auch mein Körper und ich war in der Lage aufzustehen und ins Bad zu gehen um zu duschen und mich anzuziehen.
Mit leichten Kopfschmerzen machte ich mich schließlich auf den Weg in die Küche, wo ich auf Leo traf. Er zwinkerte mir kurz zu, was mein Herz dazu brachte, ein klein wenig schneller zu klopfen. Gerade wusste ich nicht was mich mehr verstörte. Mein Traum oder das mein Körper auf den Greifenkönig zu reagieren schien. Wir wünschten uns gegenseitig einen guten Nachmittag und ich setzte mich ihm gegenüber an den Tisch. Leo war in sein Müsli vertieft und ich schmierte mir ein Brot. Dennoch trafen sich unsere Blicke von Zeit zu Zeit. Er reagierte darauf mit einem dreisten Grinsen, ich mich hochroten Wangen. Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, was mich zweifelsohne noch mehr zum Erröten gebracht hätte, als Isaac hereinstürmte. >>Ich habe drei von unseren Kämpfern kontaktieren können<< berichtete er mir und ich fragte ihn, wer diese drei waren. >>Nuria und Samira kommen. Dazu Dante und Damon mit ihren Schülern Niko und Jill<< erklärte er mir und ich nickte. Damon war unser Spezialist für Computer und Technik. Durch ihn würden wir auf dem Laufenden bleiben wenn es darum ging, was die Menschen über uns im Internet schrieben. Er konnte alles hacken und wurde noch kein einziges mal erwischt. Sonst hätten wir auch das Geld für die Kaution irgendwie zusammensuchen müssen. Kurz nickte ich Isaac zum Dank zu und er verließ die Küche. Ich machte mich über mein Essen her und versuchte Leo einfach nicht anzusehen. Nachdem ich mein Mahl beendet hatte, stand ich auf und verließ die Küche. Ich hielt es einfach nicht länger aus Leo zu ignorieren.
Ziellos streifte ich durch meine Villa und entschied mich letztendlich etwas mit meinen Freundinnen zu machen. Schell suchte ich Kate und wir hauten uns zusammen mit Cloe und Jane vor den Fernseher. Wie nicht anders zu erwarten, konnten wir uns mal wieder nicht einigen was für einen Film wir uns ansehen sollten. Letztendlich gewann aber Cloes Vorschlag und der Anfang von Jane Eyre erschien auf dem Bildschirm.
Ich musste irgendwann eingeschlafen sein, denn ich wurde von Killian wachgerüttelt. >>Wach auf Nikki. Die Greifen sind schon eine Zeit lang hier und du solltest sie begrüßen<< sagte er zu mir und ich war augenblicklich hellwach. Killian brachte mich in den Speisesaal, wo ich fünf Greifen, drei Frauen und zwei Männer, traf. >>Entschuldige Jackson bitte für einen Moment. Er kommt gleich wieder<< sagte Dakota, die Greifenprinzessin, zu mir und ich nickte. Mir wurden Malia, Carlos, Jason und Ronja vorgestellt und ich musterte die vier kurz. Malia hatte sehr hellblaue Augen und platinblondes Haar. Neben ihr stand Carlos. Eine schwarze Haarsträhne hing ihm vor seinen braunen Augen und er strich sie lächelnd beiseite. Jason war ein großer Typ mit ebenfalls schwarzen Haaren und blaugrünen Augen. Als letztes fiel mein Blick auf Ronja. Sie war klein und zierlich und hatte rotblondes Haar. Ihre Augen hatten die Farbe von Schokolade.
>>Jackson<< begrüßt Dakota den sechsten im Bunde und er kam auf sie zu. Mein Herz stockte. Dies war der greif von dem ich geträumt hatte! Das dunkelbraune Haar stand ihm vom Kopf ab und die gleichen grünen Augen musterten mich nun neugierig. Ich schluckte und begrüßte die Greifen in meiner Villa, ehe ich Killian auftrug ihnen ihre Zimmer zu zeigen.
>>Nikki das solltest du dir ansehen<< rief Liv aus dem Wohnzimmer und ich ging zu ihr. Unsere Ärztin deutete auf den Fernseher, wo gerade die Nachrichten liefen. Eine blonde Reporterin erzählte von etwas, dass in Europa und Südamerika passiert war. >>Die Tode durch mysteriöse Tierangriffe häufen sich. In Deutschland, England und Frankreich wurden nach Augenzeugenberichten riesige Bären gesichtet, die alle Menschen in Sichtweite töten. Bisher gibt es nur fünf Überlebende und einer davon schwebt noch in Lebensgefahr. Ähnliche Berichte gibt es aus Südamerika mit riesige Füchsen...<< Ich nahm die Fernbedienung und schaltete das Gerät aus. Die Inuit und Inker begannen also schon mit ihren geplanten Morden. Das war keine besonders gute Nachricht. Ich trug Liv auf es allen zu erzählen und sie nickte.
Die Dunkelheit war während meines Schlafes hereingebrochen und meine Drachenkrieger müssten bald eintreffen. Seufzend setzte ich mich auf mein Sofa und dachte über die vergangenen 72 Stunden nach. Warum kamen jetzt all diese Probleme? Was für einen Sinn hatte das? Noch vor drei Tagen war alles in Ordnung gewesen und jetzt standen die Zeichen auf Krieg. Aber wenn ich ehrlich mit mir war, hatte ich nie daran geglaubt, dass der Frieden zwischen den Völkern lange dauern würde. Achthundert Jahre waren gar nichts im Vergleich zu der Zeit, in der wir untereinander diese elenden Kleinkriege geführt hatten. Ich selbst war damals noch nicht einmal geboren gewesen. Keiner von uns war das. War alle kamen erst in der Zeit des Friedens zur Welt und das war auch gut so.
Ich stand auf und ging vor die Tür, wo ich auf die Ankunft der Drachen wartete. Die Sterne schienen vom Himmel herab und schienen uns mit ihrem Licht zu verhöhnen. Frustriert ließ ich meine Hände zu schwarzen Klauen werden und hinterließ eine recht tiefe Krallenspur in der Hauswand.
Kurz bevor die Morgendämmerung einsetzte, sah ich meine Kämpfer am Himmel auf uns zukommen. Sie landeten vor mir und wurden wieder zu Menschen. Als erstes begrüßte ich Kates Schwester Nuria. Sie hatte dunkelrotes Haar und schwarze Strähnchen. Ihre Augen strahlten in dunklem blau. Außerdem war sie unsere Kommandantin, was hieß, dass sie auf meine Kämpfer aufpasste, wenn Ryan, Killian oder ich nicht da waren.
Als nächstes kamen Dante und Damon an die Reihe. Sie waren Zwillinge und hatten beide wasserblaue Augen und schwarzes Haar. Der einzige Unterschied war, dass durch Damons linke Augenbraue eine dünne Narbe verlief. Auch die beiden begrüßten mich und in diesem Moment kamen die beiden Auszubildenden Niko und Jill auf mich zugelaufen. Die beiden waren Geschwister und die Kinder von Samira. Niko war siebzehn, hatte braune Augen und braunes Haar, welches bis zu den Schultern reichte. Im Moment trug er es als kleinen Zopf. Seine Schwester Jill hingegen war erst vierzehn und ein ziemlich aufgewecktes Mädchen. Ihr Haar war weißblond und ihre hellgrünen Augen waren auf mich gerichtet.
Sie waren noch Auszubildende, was hieß, dass sie von ihren jeweiligen Lehrern in allem was sie später brauchten unterrichtet wurden. Dazu gehörte nicht nur eine anständige Schulbildung, sondern auch Flugunterricht, das Leben unter Menschen und gutes Benehmen.
Als letztes richtete sich mein Blick auf Samira. Sie hatte langes, braunes Haar und ebenfalls braune Augen. Nach der Begrüßung schickte ich sie erst ein mal auf ihre Zimmer. Es war spät und auch ich würde nun erst einmal zu Bett gehen. Nach meine Abendroutine legte ich mich schlafen und hoffte nicht noch mal so einen Traum zu haben.