Drachenbuch » Kapitel 2

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Kapitel 2
Die Rettung

Auf dem Rückflug dröhnte Isaacs schmerzerfülltes Brüllen immer noch in meinem Kopf nach. Ich konnte es gut nachvollziehen. Cloe war die Einzige, die von seiner Familie noch übrig gewesen war. Ihre Eltern waren schon vor einigen Jahrhunderten in hohem Alter gestorben.
Es war schwer gewesen Isaac davon abzuhalten zurückzufliegen und die Menschen, die seine Schwester gefangen hatten, nicht einfach zu verbrennen. Doch unser Codex verbot es uns Menschen anzugreifen oder zu töten. So war uns nichts anderes übrig geblieben, als Cloe zurück zu lassen und uns in Sicherheit zu bringen.
Als wir in der Villa angekommen waren, hatte Liv Isaac eine Dosis Schlafmittel gespritzt, damit er schlafen konnte und nicht auf dumme Ideen kam.
Jane, Ryan, Killian und ich diskutieren darüber, wie man Cloe möglichst schnell aus den Fängen der Menschen befreien könnte. Kate wollte auch unbedingt an der Besprechung teilnehmen, was ihr Liv allerdings verbot. Sie war der Meinung, dass sie erst Kates Flügel nähen müsste. Ich überlegte fieberhaft, wie man Cloe befreien könnte, als mir plötzlich eine Idee kam.
>>Ich habe eine Idee. Zwei von uns greifen das Lager der Menschen an, ohne sie jedoch dabei zu verletzen<< ich sah Ryan bestimmt an >>wenn die Menschen abgelenkt sind, schleichen wir uns dort hin, wo sie Cloe untergebracht haben und befreien sie<< endete ich. Die drei überlegten. >>Das könnte hinhauen<< meinte Killian nachdenklich >>wann legen wir los?<< Ich sah aus dem Fenster. Die Morgendämmerung brach gerade herein. Morgen müsste ich nach Australien reisen. >>Heute Nacht<< entschied ich daher und überlegte wen ich als Angreifer einsetzen sollte und wer mit mir in das Lager der Menschen kommen würde. >>Jane und Ryan ihr werdet das Lager angreifen. Killian du wirst mit mir Cloe suchen gehen<< entschied ich. Ryan sah mich etwas verwirrt an. >>Warum greift nicht Isaac die Menschen an und ich geh mit rein?<< fragte er. Ich lächelte freudlos >>Isaac würde diese Menschen töten.<< Ryan nickte und schwieg.
>>Ihr habt also einen Plan?<< fragten Kate und Liv, die gerade das Zimmer betreten hatten und ich nickte. Plötzlich kam mir eine Idee. >>Liv du musst noch einmal zu der Stelle gehen, wo Cloe gefangen genommen wurde. Von da aus verfolgst du die Menschen, damit wir wissen, wohin sie sie bringen<< trug ich der Brünette auf. Sie nickte und verließ den Raum. >>Was soll ich machen?<< fragte Kate mich. >>Du hast den wichtigsten Job<< sagte ich zu ihr. Kate sah mich fragend an >>Welchen?<< Ich lächelte >>Du wirst auf Isaac acht geben und dafür sorgen, dass er uns nicht folgt.<< Erst breitete sich Missfallen in ihrem Gesicht aus, der sich aber in Wohlwollen auflöste, als ihr bewusst wurde, welch wichtige Aufgabe sie hatte. >>Und was tun wir jetzt?<< fragte Ryan. >>Warten<<

Als der Mond am Himmel stand, flogen wir los. Liv hatte uns die genauen Koordinaten des Standpunkts der Menschen gegeben und so war es leicht, diesen zu finden. Hinter einer großen Düne landeten wir. >>Ihr beide geht als Erstes<< sagte ich und sah erst Jane, dann Ryan an. Lautlos flogen sie los und nur wenige Minuten später konnte wir ihr Brüllen und die hektischen Rufe der Menschen hören.
Ich spähte über die Düne um zu sehen was geschah. Ryan und Jane flogen über den Hubschraubern und spuckten Feuerbälle auf diese, was sie in Brand setzte. Teil eins ihrer Aufgabe, die Helikopter unschädlich zu machen, war also geglückt. Sie mussten für genug Verwirrung sorgen, damit Killian und ich unbemerkt in die beiden riesigen, hellbraunen Wüstenzelte verschwinden konnten.
Nur kurze Zeit später war es so weit. Wir wurden wieder zu Menschen und schlichen uns ins Innere des Stützpunktes. Ich nahm eine der Spritzen mit Schlafmittel aus meiner Tasche und ging weiter. Liv hatte sie uns mitgegeben, um die möglichen Wachleute zu beseitigen. Nur noch wenige Meter trennten uns vom Eingang des Zeltes, als sich ein massiger Mann in unser Blickfeld schob. Er sagte etwas auf arabisch, doch ich hörte nicht zu. Stattdessen rammte ich ihm meine Spritze in den Arm und injizierte ihm die Dosis Schlafmittel. Ein überraschter Ausdruck breitete sich auf seinem Gesicht aus. Als er schlafend am Boden lag liefen wir weiter und erreichten die beiden Zelte. >>Du nimmst das rechte<< wies ich Killian an und verschwand im linken Zelt. Von Cloe war nichts zu sehen. Das einzige was ich fand, waren Kleidung, Lebensmittel und Schlafstätten. >>Sie ist hier drüben<< hörte ich Killian rufen und lief zu ihm.
Als ich Cloe sah, kochte Wut in mir hoch. Was hatten sie ihr angetan? Auf ihren violetten Schuppen waren Kratzer zu erkennen, die zwar nicht bis zu ihrer Haut gedrungen waren, die sie aber noch eine längere Zeit mit sich tragen würde. Cloes Flügel waren durchlöchert und es zeigten sich tiefe Risse. An ihrem Hals befand sich ein dickes Halsband aus Metall, das in diesem Moment eine Stromladung durch ihren Körper jagte. Warum tat man ihr so etwas an? Wir traten näher zu ihr und Cloe hob träge den Kopf. Sie schien sehr schwach zu sein. Alleine von hier fortfliegen konnte sie mit Sicherheit nicht. Als sie uns sah, bekamen ihre Augen ihren üblichen Glanz wieder. Sie hatte wieder Hoffnung. >>Wir müssen das Halsband entfernen<< sagte Killian zu mir und ich nickte. Gemeinsam suchten wir nach einem versteckten Mechanismus oder einem Schlüsselloch. Ich fuhr mit den Fingern über eine Vertiefung am unteren Ende des Halsbands. >>Ich glaub ich hab was<< sagte ich und bückte mich, um es mir genauer anzusehen. Tatsächlich! Es handelte sich um ein Schlüsselloch. >>Brauchen wir nur noch den Schlüssel<< murmelte ich den beiden zu. >>Und den werdet ihr nicht bekommen<< donnerte eine Stimme hinter mir. Ruckartig drehte ich mich um und sah einen hellhaarigen Mann, der definitiv nicht aus Ägypten stammte, auf uns zukommen. >>Das wollen wir ja mal sehen<< antwortete ich und nahm eine Spritze aus meiner Tasche.
Gerade wollte ich sie ihm unter die Haut jagen, als er meinen Arm verdrehte und ich sie vor lauter Überraschung fallen ließ. >>Nicht mit mir, Kleine<< sagte der Blonde und grinste höhnisch. Ich versuchte mich zu wehren, was allerdings rein gar nichts brachte. >>So jemand wie du kann sich nicht gegen mich zur Wehr setzen, Süße<< Das war zu viel. Ich gab Killian mit meinen Augen ein Zeichen und er nickte kaum wahrnehmbar. In der nächsten Sekunde war ich auch schon frei, als der Drachenprinz unserem Möchtegern Macho die Faust ins Gesicht schlug und ihm anschließend eine Spritze injizierte. Ich rieb mir mein Handgelenk, welches feuerrot war. Der Typ hatte einen verdammt festen Griff.
Als er in die Welt der Träume hinübergeglitten war, sah ich, dass der Mann eine dünne Goldkette mit einem kleinen Schlüssel um den Hals trug. Lächelnd bückte ich mich und riss ihm die Kette vom Hals. Langsam stand ich auf und ging zu Cloe. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss und dreht ihn. Nur einen Augenblick später öffnete sich das Halsband und fiel zu Boden. Cloe schaute uns dankbar an und verwandelte sich wieder in einen Menschen. Nur mit Killians Hilfe konnte sie aufstehen, so schwach war sie. Schnell es brachten wir sie nach draußen. Die Menschen waren immer noch mit Ryan und Jane beschäftigt, was uns die Möglichkeit gab, ungesehen zu verschwinden. Als wir uns hinter einer großen Düne in Sicherheit gebracht hatten, verwandelten wir uns und Killian packte Cloe mit einer seiner Vorderkrallen. Zusammen hoben wir vom Boden ab und flogen dicht an Jane und Ryan vorbei, um ihnen zu zeigen, dass die Rettung geglückt war. Sie verstanden und wir flogen über die Wolken, damit die Menschen nicht sehen konnten, in welche Richtung wir fliegen würden. >>Lasst nach Hause gehen<< sagte Jane und ich nickte. Mit ein paar kräftigen Flügelschlägen machten wir uns auf den weg Richtung Villa.

Nervös tigerte ich vor Cloes Zimmer auf und ab. Sie war nicht mehr bei Bewusstsein gewesen, als wir bei der Villa angekommen waren. Die Stromstöße hatten ihr sehr zugesetzt. Killian hatte sie in ihr Zimmer getragen und Liv war sofort zu ihr geeilt. Das war vor knapp zwei Stunden gewesen. Seid dem war ich hier und wartete. Wenn sie nun sterben würde? Das wäre meine Schuld. Ich bin eine schlechte Königin. Schuldgefühle stiegen in mir auf. >>Egal was du jetzt denkst. Lass es. Du bist eine gute Königin und basta<< sagte Ryan, der an der Wand lehnte. Es schien als hätte er meine Gedanken gelesen.
>>Wo ist sie?<< hörte ich jemanden schreien und Isaac kam auf uns zugestürzt. Er war immer noch ein wenig wackelig auf den Beinen. Das Schlafmittel musste erst aus seinem Kreislauf verschwinden. Nach meiner kleinen, eher einseitigen, Unterhaltung mit Ryan hatte ich mich ein wenig besser gefühlt, doch Isaacs Anblick, wie er um das Leben seiner Schwester bangte, stimmte mich wieder traurig.
Seufzend setzte ich mich hin und lehnte den Kopf gegen die Wand. Das einzige was wir jetzt tun könnten war warten. Und das taten wir auch. Eigentlich müsste ich mich jetzt mit Killian auf den Weg nach Australien machen, doch in Momenten wie solchen musste ich einfach Prioritäten setzen. Also wartete ich weiter. Minuten fühlten sich wie Stunden an und irgendwann öffnete sich Cloes Zimmertür und Liv kam heraus.
Schnell sprang ich auf. >>Wie geht es ihr?<< fragten Isaac und ich gleichzeitig. Liv lächelte. >>Sie wird es schaffen. Ein paar Stromstöße können doch keinen Drachen töten<< sagte sie. Mir fiel bei diesen Worten ein Stein vom Herzen und auch ich konnte wieder lächeln. Ryan und besonders Isaac schien es ähnlich zu gehen. >>Kann ich zu ihr?<< fragte Isaac und Liv nickte. Schnell verschwand er im Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Ruhig sah Liv mich an. >>Wenn ich mich recht erinnere, müssten Killian und du schon lange auf dem Weg sein<< sagte sie zu mir und ich fluchte. Sie hatte vollkommen recht.
So schnell es ging schnappte ich mir den Drachenprinz und wir machten uns auf den Weg nach Australien.